Produktbeschreibung
Sonne hatte schon immer wunderliche Anwandlungen gehabt, aber ich war so daran gewöhnt, dass sie mir ganz normal erschienen … Auch in dieser Geschichte eines schizophrenen Mädchens beweist Ruth White, dass sie das Leben in seiner Spannung zwischen Hell und Dunkel, Freude und Trauer, Oberfläche und Tiefgründigkeit meisterhaft zu schildern versteht. Ich – das ist Lyrik, Sonnes jüngere Schwester. Seit dem frühen Tod ihrer Mutter, der sie ihre ausgefallenen, sprechenden Namen verdanken, sind die Schwestern eng zusammengewachsen. Am liebsten singen sie zweistimmig, und wenn ihr Paps sie dann noch auf der Gitarre begleitet, können sie sich auf regionalen Veranstaltungen schon hören lassen. Man schreibt die fünfziger Jahre in Amerika. Und üppig ist das Leben, das ein Bergarbeiter in West Virginia seiner Familie bieten kann, nicht gerade. Aber fröhlich ist es bei diesen dreien. Dass Sonne panische Angst vor Hunden hat und sie Wölfe nennt, wirft nur vorübergehend einen Schatten. Doch als sie bald nach Sonnes sechzehntem Geburtstag nach Michigan ziehen, nehmen deren wunderliche Verhaltensweisen erschreckend zu. Schwankend zwischen immer neuer Hoffnung, tiefem Erschrecken, Trauer und Scham, erzählt Lyrik von dem aufregenden Alltag mit ihrer geliebten Schwester Sonne und davon, wie Paps und sie bei alledem in der fremden Stadt Fuß fassen und Freunde finden … Ruth White hat dieses Buch ihrer Schwester Audrey gewidmet, die als Teenager an Schizophrenie erkrankte und den Rest ihres Lebens in psychiatrischen Krankenhäusern und betreuten Wohngruppen verbringen musste. Trotz der räumlichen Trennung waren die Schwestern so innig miteinander verbunden, dass das seelische Leiden der einen wie ein körperlicher Schmerz auf der anderen lastete. Irgendwann wollte Ruth White dieses Buch schreiben. Irgendwann … Eines Tages kam die Geschichte zu ihr während langer Spaziergänge am Strand von Virginia Beach. Unverhofft verschaffte sie sich Gehör und war in kurzer Zeit formuliert. Die Schriftstellerin gesteht, das es die kürzeste Zeit war, die sie je für ein Buch gebraucht hätte und das es das beste sei, dass sie geschrieben habe. Wie in ihren beiden Büchern Die Schlangenbrücke und Das Lied von der Weide, wollte sie sich auch in diesem – Helle Sonne, dunkler Schatten – auf authentischem, biografischem Boden bewegen: Junge Mädchen, die ihre Väter verloren hatten, zogen mit ihren Müttern in eine fremde Stadt … Es kam anders. Den Anfang des dritten Buches schrieb sie um und erschuf sich einen Vater. Da sie den eigenen kaum gekannt hatte, konnte sie im Prozess des Schreibens nicht nur der geliebten Schwester gedenken, sondern auch eigene Wunden heilen lassen. Helle Sonne, dunkler Schatten erzählt die Geschichte zweier Mädchen, deren Mutter wunderschön singen konnte, Gedichte und die Bibel las und ihren Töchtern ungewöhnliche Namen mit auf den Weg gab. Ein Name sollte etwas bedeuten und anderen Leuten etwas über den sagen, der ihn trägt. Und ihm selbst soll er helfen, seinen Platz in diesem Leben zu finden und ihm das Gefühl geben, dass er etwas besonderes ist. So nannte sie die erstgeborene Tochter Sonne. Drei Jahre später wurde eine Schwester geboren: Unsere Zweite nennen wir Lyrik, und sie wird so süße Lieder singen, dass es einem die Tränen in die Augen treibt. Und so geschah es. …