Produktbeschreibung
Im Bereich des Kraftstoffdesigns gibt es derzeit zwei maßgebliche Aspekte, die die Kraftstoffforschung deutlich beeinflussen. Einerseits strebt die Europäische Union mit ihrer Klimapolitik die Verminderung des Ausstoßes von Treibhausgasen an. Nach der Zielvereinbarung des Kyoto Protokolls soll der CO2-Ausstoß europaweit bis zum Jahr 2012 um acht Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden (EurActiv, 2010). Auf diesem Protokoll beruht der Ratsbeschluss von 2007 zur Klimaschutzpolitik, der eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen von 20 % und zugleich einen Anstieg des Anteils an erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch auf 20 % bis zum Jahr 2020 vorsieht. Die 2009 in Kraft getretene europäische Richtline 2009/28/EG zur Einhaltung der Treibhausgasemissionen (Renewable Energy Directive; RED) fußt auf dem Ratsbeschluss und hat als Ziel den Anstieg auf 10 % für Energie aus erneuerbaren Quellen im Verkehrssektor bis zum Jahr 2020. Andererseits stellt die Endlichkeit des weltweit bedeutendsten Energieträgers Erdöl eine globale Herausforderung dar. Nach den Ölkrisen der 1970er Jahre wurde verstärkt nach alternativen Kraftstoffen gesucht. Durch den technologischen Fortschritt nehmen die Erdölreserven zwar langsamer ab als zunächst angenommen, jedoch muss beachtet werden, dass die Ressourcen dennoch erschöpflich sind (GreenGear, 2011). Unter der Vielzahl der möglichen Biokraftstoffe stellt mit Wasserstoff behandeltes Pflanzenöl (Hydrotreated vegetable oil–HVO) einen Weg dar, Dieselkraftstoff teilweise zu ersetzen. Im vorliegend vorgestellten Projekt wurde HVO mit einer Biodieselbeimischung in Höhe von 2 bzw. 7% in zwei unterschiedlichen Fahrzeugflotten eingesetzt. Das verwendete HVO und der Biodiesel wurden aus heimischem Rapsölhergestellt. Beide Kraftstoffe firmieren unter der Bezeichnung „Diesel regenerativ“. Im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit wurden vier Fahrzeuge mit 2%-iger Biodieselbeimischung im HVO betrieben (HVOB2). An der Hochschule Coburg liefen sieben Fahrzeuge mit HVOB7. Insgesamt legten die Fahrzeuge beider Flotten ohne kraftstoffbedingte Fahrerbeanstandungen über ein Jahr hinweg 207.677 Kilometer zurück. Im Einzelnen dienten PKW der Abgasklassen Euro 3 bis Euro 6 als Versuchsträger, die zuvor jeweils unterschiedlich lange mit fossilem Dieselkraftstoff betrieben worden sind. Alle Fahrzeuge wurden zu Beginn und am Ende der Projektlaufzeit auf limitierte Emissionen geprüft. Die aufwendigere Bestimmung der nicht limitierten Emissionen wurde lediglich an drei Fahrzeugen der Emissionsklassen Euro 3, Euro 5 und Euro 6 durchgeführt. Bei allen Fahrzeugen wurden über die Versuchslaufzeit Motorölproben entnommen und analysiert. In Summe wurden für „Diesel regenerativ“ im Vergleich zu fossilem Dieselkraftstoff (DK) Emissionsminderungen für Kohlenwasserstoffe, Kohlenmonoxid und die Partikelmasse festgestellt. Die Stickoxidwerte waren jedoch für „Diesel regenerativ“ leicht erhöht. Dieser Anstieg war bisher nur bedingt durch paraffinische Krafstoffabgase, wie z.B. GTL, in der Literatur bekannt. Vielmehr wurden für Nutzfahrzeuge Stickoxidabsenkungen bei reinem HVO versus DK publiziert. Alle Testfahrzeuge genügten im Betrieb mit „Diesel regenerativ“ und Dieselkraftstoff den jeweiligen Emissionsanforderungen. Die Emissionen waren für Dieselkraftstoff und für „Diesel regenerativ“ im zu erwartenden Rahmen. Aufgrund der geringeren Energiedichte von „Diesel regenerativ“ im Vergleich zu DK stieg der Kraftstoffverbrauch der Flottenfahrzeuge um ca. 4 % an. Trotz höherem Kraftstoffverbrauch sind die CO2-Emissionen bei „Diesel regenerativ“ aus dem Auspuff (d.h. ohne CO2-Einsparungen bei der Kraftstoffherstellung) um ungefähr 3 % geringer als bei fossilem Dieselkraftstoff. „Diesel regenerativ“ zeigte eine deutliche Absenkung der Aldehydemissionen, wohingegen sich die Abgaswerte für polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) bei beiden Kraftstoffen kaum signifikant unterschieden. Mit Blick auf das aus den PAK-Werten abgeleitete Wirkpotenzial zeigten sich für „Diesel regenerativ“ keine eindeutigen Trends. Die Partikelgrößenverteilung wurde durch „Diesel regenerativ“ nicht maßgeblich beeinflusst. Die Partikelanzahl nahm mit HVOB7 beim Euro 3- und Euro6-Fahrzeug deutlich ab. Dagegen stieg sie beim Euro 5 Fahrzeug im Rahmen der Messgenauigkeit an. Es war im Projektrahmen nicht möglich, die Ursache dafür zu bestimmen. Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass sich für das Euro 5-und das Euro 6-Fahrzeug, die beide mit einem Dieselpartikelfilter ausgerüstet waren, das Messsignal über weite Strecken des Testzykluses kaum vom Untergrundsignal vor Beginn der Messungen unterschieden hat und zudem unterhalb des kalibrierten Bereiches lag. Besondere Betonung muss der Tatbestand finden, dass im vorliegend vorgestellten Projekt Fahrzeuge verschiedener Emissionsklassen im Betrieb mit Dieselkraftstoff und „Diesel regenerativ“ (HVOB2 und HVOB7) untersucht wurden. Dabei wurden relative abgasseitige Trends für den Kraftstoffvergleich von DK mit „Diesel regenerativ“ ermittelt. Aus den Ergebnissen gleichzeitig auch Unterschiede zwischen den Fahrzeuggenerationen abzuleiten, ist aufgrund der Datenbasis und des Versuchsansatzes unzulässig. Für zukünftige Bestrebungen, den Biogenitätsgehalt im Dieselkraftstoffs zu erhöhen, sollten im PKW Segment – ausgehend von der maximalen Biodieselbeimischung in Höhe von 7% – die HVO- und DK Anteile sowohl nach wirtschaftlichen, ökologischen und technischen Gesichtspunkten ausgewählt werden. Es sollte ein für alle Motorengenerationen tauglicher Kraftstoff gefunden werden, der innerhalb der geltenden Kraftstoffnorm Emissions- und Wirkungsvorteile zeigt und daher in Bereichen mit hoher Luftbelastung angeboten werden kann. Das Projekt „Diesel regenerativ“ hat zusammenfassend gezeigt, dass Emissionsvorteile durch die Mischung aus HVO und Biodiesel zu erreichen sind. Andererseits wurde aufgezeigt, dass es z.B. bei den Stickoxiden noch Optimierungsbedarf gibt, an dessen Erreichung zukünftig zu arbeiten ist. Ein Weg zu diesem Ziel kann die on-board Kraftstofferkennung im Fahrzeug sein, die zu einer elektronischen Verbrennungsoptimierung führen muss. Ein grundlegendes Ergebnis des Projektes ist – eingeschränkt durch die überschaubare Größe der Fahrzeugflotte – die sich andeutende Kompatibilität von „Diesel regenerativ“ mit unterschiedlichen Motorengenerationen.