Produktbeschreibung
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage nach der Rolle von Diaspora-Netzwerken im Zusammenhang mit den – sich innerhalb des Nahen Ostens vollziehenden – Migrationsbewegungen autochthoner Christen nach Jordanien. Darüber hinaus widmet sich die Arbeit den Aspekten der Organisation innerhalb der genannten Netzwerke, wobei insbesondere die Frage nach dem Stellenwert religiöser Aspekte im Fokus steht. Die Relevanz der Fragestellung ergibt sich vor dem folgenden Hintergrund: Innerhalb der Wissenschaften werden transnationale Netzwerke häufig als zentrale Systeme der Realisierung von Migrationsbewegungen deklariert. Am Rande der wissenschaftlichen Diskussionen sind jedoch auch Aussagen wahrzunehmen, die eine zentrale Rolle transnationaler Netzwerke infrage stellen und dabei auf den stark individuell geprägten Charakter der Migration verweisen. Der Diaspora-Begriff wird in seiner ursprünglichen Form durch eine zentrale religiöse Komponente geprägt, da er sich auf die historische Exilsituation der Juden bezieht. Insofern verwundert es, dass religiöse Aspekte im Rahmen der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Diaspora-Netzwerken bzw. Transnationalismus über viele Jahre hinweg ein Außenseiterdasein fristeten. Um die o.g. Fragestellung zu beantworten, wurden in den vergangenen Jahren mehrere Forschungs aufenthalte in Jordanien durchgeführt. Unter Anwendung qualitativer Forschungsstrategien stand die Durchführung von Gesprächen mit christlichen Migranten (die vorwiegend aus Syrien, dem Irak, Ägypten und Palästina stammten), aber auch mit Akteuren aus den Bereichen Politik, Kirche, Wirtschaft und Wissenschaft im Mittelpunkt. Was den konkreten Prozess der Migration nach Jordanien anbelangt, griffen die Christen auf zahlreiche Netzwerke zurück, die durch wirtschaftliche und familiäre Gesichtspunkte sowie die gemeinsame Religionszugehörigkeit geprägt wurden. Lediglich in einem Einzelfall vollzog sich der Migrationsprozess ohne die Einbindung in ein bestimmtes Netzwerk. Der Akteur gab jedoch zu verstehen, dass nach der Ankunft in Jordanien eine koptische Kirchengemeinde als zentrale Plattform zur Vermittlung von Arbeitsplätzen und Wohnraum fungierte. Im Allgemeinen wurde deutlich, dass kirchliche Institutionen (v.a. Kirchengemeinden) in Jordanien wichtige Anlaufstellen für christliche Migranten darstellen. In diesem Zusammenhang kristallisierte sich ein breites Spektrum an Tätigkeitsfeldern heraus, in denen sich die Kirchen engagieren. Es reicht weit über den spirituellen Rahmen hinaus und beinhaltet mitunter soziale, finanzielle, administrative sowie politische Aspekte. Darüber hinaus ergab sich die Erkenntnis, dass die Inanspruchnahme kirchlicher Anlaufstellen nicht zwingend an eine religiöse Weltanschauung gebunden sein muss. Das Engagement der Kirchen wird häufig durch die Mission begleitet, den Erhalt des Christentums im Nahen Osten zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang spielt der historische Stellenwert der Region, die als ‚Wiege des Christentums‘ bezeichnet wird, eine wichtige Rolle. Gleichzeitig ist zu konstatieren, dass Jordanien in der Wahrnehmung zahlreicher christlicher Migranten eine bedeutende Funktion als Transitland einnimmt. Die beschriebene Konstellation besitzt einen höchst konfliktiven Charakter, der dadurch noch weiter verstärkt wird, dass Priester und Kirchengemeinden als Knotenpunkte in transnationale Netzwerke eingebunden sind, denen wiederum weitreichende migrationsfördernde Eigenschaften nachgesagt werden.