Produktbeschreibung
Mir als jemandem, der in der bäuerlichen Welt des südlichen Oberösterreichs aufgewachsen ist, ist Joschi Anzingers Unternehmen höchst sympathisch, er bemüht sich um einen Dialekt, den nur mehr unsere alten Mühlviertler/innen kennen, den die Jungen jedoch in Grundzügen verstehen sollten. Insofern ist s mühlviaddla nibelungenliad unseres Joschi Anzinger ein höchst willkommenes Buch, sogar ein Lehrbuch, denn es führt uns nicht nur in die Welt des in Mittelhochdeutsch verfassten Nibelungenliedes, sondern auch in die Welt der alten Sprache unserer bäuerlichen Vorfahren. Es ist interessant, dass unser oberösterreichischer Dialekt viele Wörter kennt, die im Mittelhochdeutschen beheimatet sind, wie zum Beispiel das Wort »kliabm« für Holz spalten. Das Nibelungenlied, dem sich Anzinger hier widmet, ist kein langweiliges Buch, denn es zeigt in dramatischer Weise auf, wie Menschen lieben, hassen, kämpfen, sich rächen und nach Ruhm streben – eine Thematik, die unabhängig von Zeit und Raum ist. Joschi Anzinger nähert sich dem Stoff sehr lebensnah und mit viel Gefühl. Allerdings macht er es als Vertreter der für die Mundart doch ungewohnten phonetischen Schreibweise – mit ihren vielen Doppelkonsonanten – seiner Leser gemeinde nicht einfach. Seinen Text so im Vorbeigehen zu lesen, ist daher nicht möglich. Man muss sich zur Langsamkeit zwingen, um ihn erfolgreich zu bewältigen. Wer sich aber die Mühe des Einlesens macht, wird von der Buntheit und dem Reichtum Anzinger’scher Sprache und ihrer Magie fasziniert sein. Dazu passen seine Worte: … owa a ugligg hoidd des lebm nedda a neichddl af – und doun muass wieda weidageh … Interessant ist auch der Wechsel von Prosa und Lyrik, welcher dem Text eine beinahe philosophische Dimension verleiht, denn der Autor lässt auch seine Gedanken, zu Stimmungen und Naturbeobachtungen, welche in der Schriftsprache nur schwer in dieser Tiefe darstellbar sind, erklingen. s mühlviaddla nibelungenliad ist ein klug gewählter Titel, der Heute und Gestern verknüpft und so auch zum Verständnis unserer eigenen Geschichte beiträgt. (Roland Girtler, vagabundierender Kulturwissenschafter, im Vorwort)