Produktbeschreibung
Vier Jahrzehnte lang bewegte sich der Jazz in der DDR zwischen Ablehnung und Anerkennung, zwischen Verweigerung und Vereinnahmung, zwischen offener Revolte und 'Unterhaltungskunst'. Einst als musikalische Ausdrucksform schwarzer Sklavenarbeiter entstanden, symbolisierte er immer auch den Drang nach Freiheit. Der ungeheure Formenreichtum des Jazz, seine Improvisationen, die von der Individualität des Musikers abhängen, und sein Ausbruch aus den starren Reglements des Notenblatts machten ihn zu einem Gegenentwurf zu Marschmusik, Agitationssongs und staatlichem Gleichschritt. Seine Anhänger schufen sich Freiräume lustvollen Andersseins, denen die offiziellen Stellen oft mit Hilflosigkeit und Inkonsequenz begegneten. Was in Cottbus verboten war, konnte daher in Berlin durchaus erlaubt sein. Die Jazzmusiker der DDR erwiesen sich über 40 Jahre lang als wahre Meister darin, solche Launen und Vorschriften der Kulturpolitiker geschickt zu unterlaufen. Die Autoren des Buches beleuchten die Vielfalt der Jazzszene der DDR und zeichnen ihre stilistische Entwicklung nach: von der Kopie amerikanischer Vorbilder in der Nachkriegszeit bis zu künstlerisch eigenständigen Strömungen in den 70er und 80er Jahren. Dabei kommen die Beteiligten selbst zu Wort, neben den Musikern auch die Veranstalter, Moderatoren und Fans. Einen akustischen Eindruck bietet die beiliegende CD mit bisher unveröffentlichten Aufnahmen des Joachim Kühn Trios und Ernst-Ludwig Petrowskys aus dem Jahre 1965, ein Livemitschnitt aus dem Dresdner Hygienemuseum. »Zugeneigte Aufsätze voller Fakten, Zitate und Anekdoten, geschrieben von Musikern, Wissenschaftlern, Organisatoren, Fans und Moderatoren, addiert Rainer Bratfisch zum Bild davon, wie eine rat- und rastlos überforderte Kulturpolitik mit Phantasie und Konsequenz unterlaufen wurde. Insofern kann die Geschichte der improvisierten Musik stellvertretend für die langsame Aushöhlung eines Systems als Ganzes stehen. Das macht die schöne Textsammlung darüber, wie man die Geister nicht mehr los wird, auch lesenswert für Nicht-Insider.« (Rheinischer Merkur)