Produktbeschreibung
Musik bewegt zum Tanz, manchmal bis zum Umfallen. Sie lässt uns eintauchen in fremde Welten, überwindet Grenzen, erweckt Sehnsüchte und Begehren, durch die die Entwicklung einer Geschichte oft erst in Gang kommt. Über dreihundert europäische Volksmärchen untersuchte Rosemarie Tüpker auf der Spur des Musikerlebens früherer Zeiten, jenseits der Höfe und Paläste. Neben Bekanntem stieß sie dabei auch auf Verblüffendes: Musik deckt als Zeugin längst vergangene Verbrechen auf oder leistet - ganz modern - einen Beitrag zur Identitätsfindung. Der vergleichenden Untersuchung vorangestellt sind ausführliche, tiefenpsychologische Analysen von drei ausgewählten Musikmärchen: „Die Erschaffung der Geige“, „Das Eselein“ und „Der Sohn kämpft gegen den Vater“. Durch eine erstmals an Märchentexten erprobte intersubjektive Methode aus der Morphologischen Psychologie werden dabei durch die Einfälle von Hörern aktuelle Bezüge zum Verständnis der Märchen in unserer Zeit geschaffen. Ein Register mit den 329 untersuchten Märchen macht dieses Buch ganz nebenbei zu der bisher umfassendsten Sammlung europäischer Märchen, in denen Musik vorkommt. Das Buch ist eine Fundgrube für Märchenforscher, Musikwissenschaftler und Psychologen. Aber auch, wer Märchen einfach spannend findet und sich für Musik begeistert, kann mit diesem Buch aufregende Entdeckungen machen und sich zu einer völlig neuen Sichtweise auf vermeintlich altbekannte Märchen inspirieren lassen. Märchenausschnitte: „Hierauf sperrten die Diener des Königs den Jüngling in einen dunklen Kerker. Kaum daß sie die Tür zugesperrt hatten, da wurde es hell und die Feenkönigin Matuya erschien, die den Armen in Bedrängnis hilfreich zur Seite steht. Sie sprach zum Jüngling: »Sei nicht traurig! Du sollst noch die Königstochter heiraten! Hier hast du eine kleine Kiste und ein Stäbchen! Reiß mir Haare von meinem Kopf und spanne sie über die Kiste und das Stäbchen! « Der Jüngling tat also, wie ihm die Matuya gesagt hatte. Als er fertig war, sprach sie: »Streich mit dem Stäbchen über die Haare der Kiste!« Der Jüngling tat es. Hierauf sprach die Matuya:. »Diese Kiste soll eine Geige werden und die Menschen froh oder traurig machen, je nachdem wie du es willst.« Hierauf nahm sie die Kiste und lachte hinein, dann begann sie zu weinen und ließ ihre Tränen in die Kiste fallen.“ (Die Erschaffung der Geige, Romamärchen) „Dieser Spielmann fiedelte so, dass alles tanzen mußte, wenn er aufzuspielen begann. Sogar die Toten erwachten auf ihren Bahren. Lustig tummelten sie sich im Reigen.“ (Die sechs Faulpelze und Prinzessin Goldhaar, Frankreich) „Als die Kühe den Klang der Flöte hören, spitzen sie die Ohren, sie fangen an zu tanzen, es tanzt die Wiese, es tanzen die Wälder, die Flüsse, auch die Berge - alles tanzt, weil es eine Zauberflöte ist.“ (Der Aga und seine Schlauheit, Griechenland) „Da er noch nicht einschlafen konnte, zog er seine Mundharmonika aus der Tasche und fing an, sich eins zu spielen. Bis er mit der Harmonika im Munde einschlief. Aber bald wachte er wieder auf durch ein Rascheln. Als er den Kopf drehte, sah er am Tisch ein schönes Mädchen stehen. Sie hatte ihr Haar gelöst und flocht es vor dem Spiegel in zwei dicke Zöpfe. Das Haar fiel ihr bis über die Hüften und glänzte im Licht so, als stände es im Feuer... Es was so schön, dass er merkte, es war kein irdisches Mädchen, sondern ein Geisterwesen.“ (Die Mundharmonika, Skandinavien) „Da ging der Königssohn hinauf, machte das Fenster auf und fing auf seiner Flöte zu spielen an. Das hörte gegenüber im Schloße die Prinzessin, und an dem Tone und der Melodie erkannte sie, daß der gekommen war, welcher sie aus den Händen der Räuber befreit hatte.“ (Der Königssohn mit der goldenen Kette, Deutschland) „Als es die Musik hörte richtete sich das kleine Ding, das bisher in seiner Wiege mäuschenstill gelegen hatte, in die Höhe, grinste und verdrehte sein garstiges Gesicht, focht mit seinen langen, braungelben Armen in der Luft umher, streckte seine krummen Beine heraus, kurz, gab alle Zeichen der größten Freude über die Musik von sich. Es hatte auch nicht eher Ruhe, als bis es die Pfeifen in seine eigenen Hände bekam... Er setzte die Pfeifen an, nahm Balg und Säcke unter die Arme und handhabte beides, als wäre er schon zwanzig Jahre dabei gewesen und blies ein wohlbekanntes Lied, daß es eine Art hatte. Jedermann war im größten Erstaunen und die arme Mutter bekreuzigte sich.“ (Der kleine Sackpfeifer, Irland) „Aber Musikanten sind immer durstig und der gute Hugh wurde nicht nüchtern, solang es etwas zu trinken gab und zu trinken gab es dazumal immer, in den guten Zeiten von Irland.“ (O’Donoghues Dudelsack, Schottland)
|
|
Marke |
Reichert, L |
EAN |
9783895008399 |
ISBN |
978-3-89500-839-9 |