Produktbeschreibung
Das Telgter Hungertuch von 1623 ist das zentrale Ausstellungsstück des Museums Relígio und unter den historischen westfälischen Tüchern von besonderem Rang. Es weist einen reichen figürlichen Schmuck auf, hat einen genauer zu bestimmen¬den »Sitz im Leben« der Wallfahrtsstadt im frühen 17. Jahrhundert und war bis 1907 in der Telgter Pfarrkirche St. Clemens im Gebrauch. Nach über 50 Jahren ist jetzt wieder eine Publikation entstanden, die das Telgter Tuch in seiner theologischen Bedeutung erklärt, in den historischen Kontext einordnet und den Ursprung der Verhüllungspraxis in der Passionszeit erklärt. Schon in mittelalterlichen Schriftquellen wird der Brauch bezeugt, im Chorraum der Kirchen während der österlichen Bußzeit, der vierzigtägigen Fastenzeit vor Ostern, Kreuze oder den Altarraum mit großformatigen Tüchern ganz oder teilweise zu verhüllen. Als Element einer strengen Buß- und Fastenpraxis solllte der Verzicht auf die Schau des Kreuzes dazu beitragen, das geistliche Leben der Kirche in dieser Zeit zu erneuern. Besonders bedeutende Hungertücher des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit sind in größerer Zahl aus Westfalen erhalten. Diese sind nicht wie in anderen Regionen bemalt, sondern es sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, Leinentücher mit gestickten Bildfeldern. Das ca. 7,40 m breite und 4,40 m hohe Telgter Hungertuch enthält 33 große quadratische Felder, deren Zahl wohl auf das Lebensalter Christi verweist. Sie sind in sechs Reihen schachbrettartig im Wechsel mit Leerfeldern aus handgewebtem Leinen angeordnet. Die oberen vier Reihen zeigen 22 Szenen der Passion, im Mittelbild die Kreuzigung Jesu Christi. Durch verschiedene ikonografische Details wird die Kreuzigung als Heilsgeschehen dargestellt. Symbolfelder zu den Evangelisten und dem Lamm Gottes schließen sich darunter an. In der untersten Reihe weist das Telgter Hungertuch als einziges unter den historischen Tüchern in Westfalen fünf Bilder mit Szenen aus dem Alten Testament auf, die auf die Erlösung duch Christus vorverweisen. Die literarisch ausgestalteten Geschichten aus den fünf mosaischen Büchern, hier aus den Büchern Genesis und Numeri, gelten als »Vor-Abbildungen« (Präfigurationen) des Erlösungswerkes Christi.