Produktbeschreibung
Der polnisch-deutsche Briefwechsel der Bischöfe von 1965 gilt als einer der wichtigsten Impulse und entscheidender Anstoß für den Dialog zwischen Deutschen und Polen. Die Versöhnungsbotschaft des polnischen Episkopats mit ihrer berühmten Formel „wir gewähren Vergebung und bitten um Vergebung“ wird seither synonym mit Bewältigung nationaler Feindschaften gesetzt. Die Vorbildfunktion dieses Briefwechsels verstellt jedoch häufig den Blick auf die mühsame Entwicklung seiner fortschrittlichen und positiven Ausstrahlung, die durch zahlreiche Hemmnisse und Widerstände erschwert wurde und nach wie vor wird. Sie schlagen sich vor allem in der asymmetrischen Einschätzung beider Briefe nieder: auf der einen Seite die bahnbrechende Versöhnungsgeste des polnischen Episkopates, auf der anderen Seite eine vermeintlich zurückhaltende und enttäuschende Antwort der deutschen Bischöfe, die einer Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze auswichen. Die Untersuchung widerspricht diesem Narrativ. Die Ausweitung des Briefwechsels um weitere verbal wie schriftlich gefasste Äußerungen deutscher und polnischer Hierarchen im Rahmen ihres konziliaren Dialogs sowie dessen Einbettung in die zeitgenössischen politischen, gesellschaftlichen, kirchlichen und ethisch-religiösen Kontexte eruieren den Befund, dass politische Interpretationen das zentrale Anliegen des Briefwechsels verfehlen und sich als ungeeignet erweisen, um seine Intention zu verstehen und zu bewerten.